GrindingHub zeigt den „letzten Schliff“

Finishing und Feinstbearbeitung eröffnen Anwendern ein breites Spektrum an Möglichkeiten und bieten ihnen Einzigartigkeit und Wettbewerbsvorteile. Auf der GrindingHub in Stuttgart bekommt dieses Thema eine Bühne. 

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Blick in die Fertigung von Stähli Läpp-Technik. Auf der GrindingHub wird das Unternehmen mit einer 3-Scheiben- Flachhonmaschine mit Automation und einer 1-Scheiben-Läppmaschine zum konventionellen Läppen präsent sein. (Bildnachweis: Stähli Läpp-Technik)

Finishing oder Superfinishing, Läppen, Honen oder Gleitschleifen – die Palette der Fertigungsverfahren, die für eine abschließende Oberflächenbearbeitung eingesetzt werden kann, bietet ein imposantes Spektrum an Möglichkeiten. Ein sprichwörtlicher „letzter Schliff“ hat Einfluss auf das Einsatzverhalten von Werkstücken und Bauteilen, steht für Einzigartigkeit und Wettbewerbsvorteile.

Die GrindingHub die vom 17. bis 20. Mai 2022 in Stuttgart stattfindet, bereitet dem Thema Finishing und Feinstbearbeitung eine Bühne. Sehr zur Freude vieler Aussteller: Nach pandemiebedingter Messepause offenbart sich ein Bedarf an Kommunikation und Wissenstransfer für die beratungsintensiven Verfahren.

Spezialisten für den wirtschaftlichen Einstieg gefragt

„Gefühlt keine zehn Sekunden“ brauchte Uli Lars Bögelein, wie er sagt, für die Entscheidung, sich als Aussteller an der GrindingHub zu beteiligen. Die gesamte Branche werde von der Fachmesse profitieren, ist der Geschäftsführer der nahe Stuttgart beheimateten Stähli Läpp-Technik GmbH überzeugt.

Vor über 40 Jahren als Vertriebsgesellschaft für Flachhon-, Läpp- und Poliermaschinen der Schweizer Stähli Gruppe gegründet, sieht das zur Gruppe gehörige Unternehmen neben dem Maschinenbau und -verkauf heute seine Kernkompetenz vorrangig in der Lohnbearbeitung. Diese bietet sich für den Einstieg in die Feinstbearbeitung an, aber nicht nur das, wie Bögelein deutlich macht.

Der Stähli-Geschäftsführer beschreibt drei Gruppen von Anwendern, vorrangig aus der Automobil- und Elektroindustrie, der Medizintechnik, dem Maschinenbau und der optischen Industrie, die zu ihm Kontakt aufnehmen. Für die erste sind die mitunter hohen Investitionskosten sowohl bei den 2- und 3-Scheiben-Flachhonmaschinen als auch bei den 1-Scheiben-Läpp- und -Poliermaschinen (noch) kein Thema, weil die benötigten Stückzahlen zu gering sind.

Dann gebe es aber auch die Gruppe derjenigen, die hohe, wenn nicht gar extrem hohe Stückzahlen benötigen, sich aber den Prozess und alles, was dazu gehört, „ganz bewusst nicht ins Haus holen wollen“. Insbesondere Läppmaschinen seien sehr speziell und passten nicht in jede Produktion, räumt Bögelein ein. Es sei ein anspruchsvoller Prozess, erfordere noch viel Handarbeit und Mitarbeitende, die speziell geschult und entsprechend motiviert sind.

Schließlich gibt es noch eine dritte Anwendergruppe, die bei Stähli Versuchsreihen startet. Sie möchte sich bis zum kompletten Hochlaufen der Serie zunächst mit Verfahren und Maschine vertraut machen sowie den Service und das Know-how des Spezialisten nutzen. Dafür bietet Stähli Läpp-Technik auch die gesamte Bandbreite an Verbrauchsmitteln und Zubehör, von CBN-Scheiben über Diamant-Suspensionen bis zu Prüfgeräten.

Fachmessen seien sehr wichtig und würden gern für den ersten Kontakt genutzt, stellt Uli Bögelein fest. Die Besucher kommen mit Zeichnung und Werkstück, aber auch konkreten Maschinenanfragen und lassen sich die Technik erklären. Wo es um Fertigungstoleranzen im Submikrometerbereich und filigrane Funktionsoberflächen geht, ist spezifisches technologisches Know-how gefragt.

Entwicklungstreiber im industriellen Umfeld

Die Motivation, sich stärker mit der Oberflächengüte und Verfahren der Finish- und Feinstbearbeitung zu befassen, hat nach Angaben von Thomas Harter, Produktmanager bei Supfina Grieshaber aus Wolfach im Schwarzwald, mit klar identifizierbaren „Entwicklungstreibern“ zu tun. Supfina, ebenfalls Aussteller auf der GrindingHub, verfügt über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Superfinish- und Schleifbearbeitung, entwickelt Maschinen und betreibt zielgerichtete Forschung.

Harter nennt Beispiele aus der Automobiltechnik. So seien die zu erwartenden gesetzlichen Regulierungen zu Euro 7 und die damit verbundene Reduzierung der Feinstaubbelastungen Treiber für die Entwicklung am Bremsscheibenmarkt. Zukünftige Bremsscheiben, so der Experte, werden voraussichtlich mit Hartstoffbeschichtungen ausgeführt, die sich nur schwer bearbeiten lassen.

Als Entwicklungspartner kümmere sich Supfina um die Prozessentwicklung zum Schleifen der beschichteten Bremsscheiben. Das Know-how fließe in die Entwicklung der gesamten Prozesskette ein, um am Ende eine wirtschaftliche Fertigung der Bremsscheibe zu ermöglichen.

Auch die E-Mobilität stelle neue Anforderungen an die Superfinishbearbeitung. Um Geräusche im Antriebsstrang, der Lenkung oder beim Verstellen von Sitzen und Fensterhebern im Fahrzeuginnenraum zu reduzieren, werden zukunftsfähige Lösungen benötigt. So wurde bei Supfina eine Maschinenbaureihe zur wirtschaftlichen Herstellung von geräuscharmen Wälzlagern entwickelt.

Spezifische Oberflächenkennwerte definieren

Wie sehr sich die Anforderungen an die Oberflächenqualität verändern und wie wichtig daher der exakte Abstimmungsprozess mit Kundinnen und Kunden ist, macht Dr. André Wagner, Leiter des Bereichs Grinding Technology bei der Hermes Schleifmittel, Hamburg, deutlich.

Während einige Prozesse, wie etwa die Hochleistungszerspanung von Stahl, vor allem hinsichtlich ihrer Produktivität und Wirtschaftlichkeit optimiert werden, müsse bei Prozessen wie dem Verzahnungsschleifen eine hohe Werkstückgüte generiert werden, so der Experte. Das in der Vergangenheit häufig gesetzte Ziel, die Oberflächenrauheit auf ein Minimum zu reduzieren, werde dabei zunehmend durch die gezielte Einstellung spezifischer Oberflächenkennwerte ersetzt.

Auswahl und Definition der gewünschten Oberflächeneigenschaften hingen jedoch stark vom jeweiligen Anwendungsfall des Zahnrads und dem Ziel ab. „Daher ist eine gute und ausgeprägte Kommunikation zwischen den Kunden und dem Schleifwerkzeughersteller essenziell“, betont Wagner.

Es müssten sowohl die maschinellen Rahmenbedingungen als auch die Anforderungen an die Qualität des zu fertigenden Bauteils sowie die Produktivität des Prozesses im Vorfeld klar definiert und abgestimmt werden. Erst die genaue Zielsetzung in Verbindung mit einer anwendungsspezifischen Auslegung des Schleifprozesses ermöglicht nach Wagners Angaben ideale Prozessergebnisse.

Am Beispiel des Zahnrads wäre dies eine maximale Effizienz des Getriebes und eine Reduktion der für elektrisch angetriebene Fahrzeuge wichtigen Geräuschemissionen. Bei Auswahl und Auslegung passender Schleifwerkzeuge seien alle prozessbestimmenden Parameter wie etwa Maschinenumgebung und Kühlschmierstoffzufuhr zu berücksichtigen. „Es muss nicht immer das High-Performance-Werkzeug sein. In vielen Fällen genügen auch günstigere Spezifikationen, wenn der Prozess insgesamt korrekt ausgelegt wird“, so André Wagner.

Prozessketten im wissenschaftlichen Fokus

Finishing- und Feinstbearbeitungsverfahren können ihren Beitrag leisten, Werkstücke einzigartig zu machen. „Da ein Trend zur Herstellung von individualisierten Produkten in kleinen Losgrößen erkennbar ist, steigt der Bedarf an adaptiven Fertigungsverfahren, die sich an wechselnde Produktanforderungen anpassen lassen“, heißt es dazu am Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der Technischen Universität Berlin.

Hier stellen robotergeführte Bearbeitungsprozesse einen Forschungsschwerpunkt im Bereich Feinstbearbeitung und Finishing dar. „Gerade in Kombination mit flexiblen oder frei beweglichen Werkzeugen wie beim Bürstspanen, Bandschleifen oder Gleitschleifen lassen sich robotergeführte Bearbeitungsprozesse auf viele unterschiedliche Bauteile anwenden“, erläutert Institutsleiter Prof. Eckart Uhlmann.

„Auch Honprozesse, die konventionell auf starren Werkzeugmaschinen durchgeführt werden, können mittels robotergeführtem Honwerkzeug realisiert werden, um Bohrungen in unterschiedlichen Lagen nachzubearbeiten.“

Uhlmann, der auch Mitglied der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) ist, sieht den Vorteil für den Einsatz eines Roboters als universelle Bearbeitungsmaschine vor allem darin, dass eine flexible Verkettung von Bearbeitungsschritten möglich ist. Prozessketten könnten somit mit geringem Aufwand an die jeweiligen Bauteilanforderungen angepasst werden.

Das Forschungsinteresse belegt, dass eine stärkere Nutzung innovativer Fertigungsverfahren zur Finishing- und Feinstbearbeitung zwar künftig zu erwarten, für viele Unternehmen jedoch noch mit Problemen behaftet ist. Zwar bietet die Industrie sowohl technologisch hochentwickelte Maschinen und Werkzeuge als auch umfangreiches Spezialwissen, um Oberflächen tribologisch beanspruchter Funktionsflächen zu gestalten.

Auf der anderen Seite sind die Spezialmaschinen für kleinere und mittlere Unternehmen und für eher kleine oder mittlere Losgrößen zu teuer, die Automatisierung aufwändig und das Wissen um Wirkzusammenhänge auf Spezialisten beschränkt. Fachmessen wie die GrindingHub bieten Gelegenheit, Maschinen, Werkzeuge, Prozesse und Arbeitsergebnisse transparent in Szene zu setzen.

Kontakt:

www.grindinghub.de