Ingenieurwissenschaften fehlt der Nachwuchs

Immer weniger Menschen beginnen mit einem Studium im Bereich der Ingenieurwissenschaften. Bei der WGP läuten daher die Alarmglocken, denn ein zu starker Rückgang habe Auswirkungen auf die deutsche Industrie und schlussendlich auf Gesellschaft und Wohlstand.

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Prof. Jens P. Wulfsberg, Präsident der WGP, Leiter des Laboratoriums Fertigungstechnik (LaFT), Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg (Bildnachweis: LaFT Hamburg)

Seit gut fünf Jahren sinkt in Deutschland die Zahl der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften deutlich. „Das ist ein großes Problem“, warnt Prof. Jens Wulfsberg, Präsident der WGP, dem Zusammenschluss führender Professorinnen und Professoren der Produktionswissenschaft anlässlich der Frühjahrstagung vergangene Woche in Schwerin.

„Denn das trifft nicht nur unsere Universitätsinstitute, von denen – sollte der Trend anhalten – manche in einigen Jahren nur noch halb so groß sein werden und nur noch halb so viel Forschung betreiben können. Das betrifft natürlich auch unsere Industrie, die schon heute große Schwierigkeiten hat, gut ausgebildeten Nachwuchs zu finden. Und damit ist es letztendlich ein Problem für unsere Gesellschaft, deren Wohlstand bekanntermaßen auf dem produzierenden Gewerbe gegründet ist.“

Es kam daher nicht von ungefähr, dass die WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) als führende wissenschaftliche Vereinigung der Branche die Nachwuchsgewinnung und -förderung zu einem Schwerpunktthema höchster Priorität machte.

Die WGP-Mitglieder beschlossen daher erste Maßnahmen und gaben Gelder frei, um unter anderem mehr Schülerinnen und Schüler für die sogenannten MINT-Fächer zu begeistern. „Das Problem ist bei den Unternehmen schon angekommen, der Nachwuchsmangel ist für viele eine der größten Herausforderungen, größer als Energiekrise und Lieferkettenengpässe“, weiß Wulfsberg.

Das konnte Dr. Jörg Schaupp, Leiter des Airbus-Standorts Stade, nur bestätigen. Im Rahmen seines Impulsvortrags betonte er, dass bei Airbus der Fachkräftemangel die „größten Kopfschmerzen“ bereite. In den kommenden zwölf Monaten könnte der Konzern 1.000 Ingenieurinnen und Ingenieure einstellen. Woher die Kandidatinnen und Kandidaten allerdings kommen sollen, wusste Schaupp nicht. „Auch unsere Ausbildungsplätze bieten wir an wie sauer Bier.“

Einzige Ressource Deutschlands wird knapp

Neben der demographischen Entwicklung sah Schaupp ein zusätzliches Problem darin, dass Wissen ans Ausland verloren gehe, weil Unternehmen neue Werke aus wettbewerblichen Gründen jenseits deutscher Grenzen eröffneten. „In Deutschland verfügen wir nur über einen einzigen Rohstoff, und das sind die Menschen und das, was in ihren Köpfen steckt“, mahnte er. Diese Ressource wird nun bedenklich knapp.

Prof. Hans-Christian Möhring, Sprecher des WGP-Wissenschaftsausschusses, Leiter des Instituts für Werkzeugmaschinen (IfW) der Universität Stuttgart (Bildnachweis: IfW Stuttgart)

„Die Entwicklung unseres Landes und damit unser Wohlstand hängen maßgeblich von den sogenannten MINT-Fächern ab“, konstatiert Prof. Hans-Christian Möhring, Sprecher des Wissenschaftsausschusses der WGP. „Wir werden nun aktiv Konzepte und Maßnahmen entwickeln, um das Problem anzupacken. Junge Menschen wissen gar nicht, wie vielfältig die Tätigkeiten eines Ingenieurs und einer Ingenieurin sind.“

„Vor allem ist ihnen meist nicht bewusst, dass gerade die Ingenieurwissenschaften sie in ihren modernen Wertvorstellungen und ihren Zielen zu einem nachhaltigen Wandel unserer Gesellschaft abholen. In diesen Berufen können sie aktiv Lösungen entwickeln, mit denen wir eine intakte Umwelt auch für kommende Generationen schaffen können, ohne dabei auf unseren Wohlstand verzichten zu müssen“, so Möhring.

Konzept entsteht im Sommer

Die 42 WGP-Forschungsinstitute bieten beste Voraussetzungen für eine hochkarätige Ausbildung, aber auch für einen ersten praktischen Einblick in die Möglichkeiten, in dieser Branche moderne Werte in die Tat umzusetzen und für Umwelt und Gesellschaft relevante Lösungen zu entwickeln.

Dass sich bereits andere Akteure ähnliche Ziele gesetzt haben, betrachten die Professorinnen und Professoren als einen Vorteil. So könne man mit interessierten Verbänden sowie Partnern aus Industrie und Politik kooperieren und eine umso breiter angelegte, bundesweite Kampagne starten. Kontakte hat die WGP bereits geknüpft, und ein erster Termin für die Entwicklung eines Konzeptes steht im Sommer.

Kontakt:

www.wgp.de