Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Produktivität von Fertigungsprozessen gewinnt die Auswahl geeigneter Substratwerkstoffe zunehmend an Relevanz. Insbesondere im Bereich des Werkzeug- und Formenbaus besteht durch den Einsatz von verschleißresistenten Materialien hohes Potential zur Steigerung der Bauteilqualität bei gleichzeitiger Minderung der Produktionskosten. In der Herstellung von bspw. Stempeln, Pressbüchsen und Matrizen fällt unter diesem Hintergrund die Werkstoffauswahl in den vergangenen Jahren vermehrt auf Wolframkarbidhartmetall, womit auch die Nachfrage an kosteneffiziente Fertigungsverfahren zur Bearbeitung von Hartmetallen bedeutend ansteigt.
Die konventionelle Fertigungskette von Werkzeugkomponenten aus Hartmetall sieht eine zeit- und kostenintensive Formgebung der gesinterten Rohlinge durch Funkenerosion mit angeschlossenem Schleifen sowie Polieren vor. Neue Werkzeug- und Beschichtungstechnologien, steifere Werkzeugmaschinen in Kombination mit einer CAM-Programmierung ermöglichen alternativ bereits gegenwärtig eine Fräsbearbeitung von Hartmetallen.
Die Ausnutzung des technologischen Fortschrittes schafft Ansätze zur Neuausrichtung der bestehenden Prozesskette, wodurch Zeiteinsparungspotential offengelegt wird. Der Weg zum Fertigteil kann demnach auf die Pulvervorbereitung, das Pressen und Sintern sowie eine angeschlossene Hochhartzerspanung reduziert werden. Eine Steigerung der Geometriefreiheit sowie der Eintrag stand-zeitbegünstigender Druckeigenspannungen in die Randzone der Form- oder Stanzwerkzeugkomponenten stellen weitere Vorzüge der Fräsbearbeitung dar.
Die Zerspanung der Hartmetalle im unterbrochenen Schnitt geht jedoch mit hohen Anforderungen an die Werkzeuge, die Maschine sowie die Prozessplanung einher. Ein Wissensdefizit bezüglich der Wirkzusammenhänge von Werkstoffzusammensetzung, Werkzeuggeometrie, Beschichtung, Bahnplanung und KSS-Strategie erschweren zusätzlich eine optimierte Prozessauslegung.
Die bestehende Wissenslücke soll im Rahmen von praktischen Untersuchungen im Forschungsprojekt „ProWerWolf – Werkzeug- und Prozessauslegung zur Verbesserung der Zerspanbarkeit und Steigerung der Prozesssicherheit beim Fräsen von Wolframkarbidhartmetall“ am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen University in den kommenden zwei Jahren unter Beteiligung von Partnern aus der Industrie geschlossen werden.
Mithilfe von experimentellen Untersuchungen wird ein Gestaltungsmodel ausgearbeitet, welches Unternehmen bei der optimierten Werkzeug- sowie Prozessauslegung beim Fräsen von Wolframkarbidhartmetall mittels CVD-diamantbeschichteter Vollhartmetallwerkzeuge unterstützt.
Zur Erreichung dieses Vorhabens erfolgen zunächst grundlegende Betrachtungen am orthogonalen Schnitt in einem Analogieprozess unter Anwendung unterschiedlicher Werkzeugbeschichtungen sowie Werkzeugmakro- und Werkzeugmikrogeometrien. Weiterhin werden die Versuchswerkstoffe hinsichtlich des Kobaltgehalts sowie der Wolframkarbidkorngröße variiert, um werkstoffseitige Einflüsse auf die Spanbildungsmechanismen zu erfassen.
Die gewonnenen Erkenntnisse zur Zerspanung von Hartmetall mit geometrisch bestimmter Schneide werden im nächsten Schritt auf die zielgerichtete Auslegung von Schrupp- und Schlichtfräsversuchen übertragen. In den Fräsuntersuchungen werden der Einfluss unterschiedlicher Bahnplanungs- und Kühlschmierstrategien auf die Prozessstabilität, die Werkzeugstandzeit sowie die Bauteilqualität empirisch untersucht.
Die Erkenntnisse aus bestehender Literatur, den orthogonalen Schnittversuchen sowie den Fräsuntersuchungen werden in einem Gestaltungsmodell zur Werkzeug- und Prozessauslegung zusammengefasst. Abschließend wird dieses ausgearbeitete Gestaltungsmodell zum Fräsen von Hartmetall in einem Benchmark der konventionellen Prozesskette aus Erodieren, Schleifen und Polieren gegenübergestellt, um den Unternehmen eine Entscheidungsbasis für die betriebliche Einführung des Hartmetallfräsens zur Verfügung zu stellen.
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