Im Mittelpunkt des Herbstkongresses des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT standen Anwendungsmöglichkeiten von Lasern für die Wasserstoffproduktion. Wie wichtig dabei das Denken in Prozessketten ist, erfuhren die Teilnehmenden bei vielen Referaten und den Laborvorführungen am Fraunhofer ILT und dem benachbarten Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT.
Weltweit haben Hersteller von Güterverkehrsmitteln Wasserstoffantriebe fest im Blick: „Die Nutzfahrzeuge der Zukunft brauchen nicht nur Batterien, sie brauchen auch Wasserstoff“, erklärte Martin Daum, Vorstandvorsitzender der Daimler Truck AG, im Fraunhofer-Magazin 3/23. Daimler Truck plant mit der Toyota Motoren Corporation eine Zusammenarbeit bei Wasserstoffantrieben. 2021 startete das Unternehmen aus Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart mit der Volvo Group das Joint Venture cellcentric, um eine der größten Produktionsstätten für Brennstoffzellen in Europa aufzubauen. Eine zentrale Aufgabe hat dabei der Laser, ein Allroundwerkzeug: Beim batterieelektrischen 19-Tonner eActros kommt er bereits zum Einsatz.
Die zweispurige Strategie mit Wasserstoff und Batterie von Daimler Truck deckt sich ebenfalls mit den Entwicklungen, die Prof. Arnold Gillner, Abteilungsleiter Business Development Forschungsmärkte am Fraunhofer ILT, auf dem LKH₂ – Laser Colloquium Hydrogen anhand einer „Roadmap Hydrogen Market“ der Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) aus Berlin skizzierte. Sowohl etablierte als auch potenzielle Anwender, einschließlich der Prozessindustrie, erkennen zunehmend den Bedarf an Wasserstoff. Dies gilt ebenfalls für Bereiche wie die Produktion von grünem Stahl.
Laser in der Wasserstoffproduktion von Bedeutung
Die Nachfrage nach grünem Wasserstoff ist immens, ebenso die Ideen, wofür der nachhaltige Treibstoff verwendet werden kann. Viele Branchen beschäftigen sich daher mit Verfahren zur Serienproduktion von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren. Laser sind dafür hervorragend geeignet aufgrund ihrer hohen Präzision, Flexibilität und Skalierbarkeit der Prozesse sowie die Integrierbarkeit in bestehende Produktionsanlagen. Weiterer Vorteil: Lasern ist ein grüner Prozess, denn er senkt CO₂-Emissionen und den Verbrauch von Ressourcen. Laut Gillner gewinnen Laser daher auch in der Wasserstoffproduktion zunehmend an Bedeutung. Zwei Beispiele von vielen: Ultrakurzpulslaser erzeugen Wasserstoff direkt aus Salzwasser; das Trennen von Methan mit Laserverfahren soll dreimal schneller ablaufen als der konventionelle thermokatalytische Prozess.
All diese Verfahren haben einen gemeinsamen Nenner: Sie erfordern Prozessdenken in Ketten. Das gelingt am besten, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Gillner sprach daher erneut seine Vision vom Aufbau einer gemeinsamen Wasserstoff- Plattform an, die der Experte für Forschungsmärkte mit einem Aufruf an die H2-Community konkretisierte: „Wir suchen sechs industrielle Partner von kleinen, mittleren, aber auch gerne größeren Unternehmen, die in unserem Netzwerk ‚Laser in hydrogen technology‘ mitmachen.“ Die verlockenden Angebote aus Aachen: gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte, kontinuierlicher Know-how-Austausch sowie Zusammenarbeit im 2022 eröffneten Wasserstofflabor, Deutschlands bisher größtes Testfeld für die gesamte H2-Prozesskette.
Vorbild Aachen – Gestern Tagebau, heute Laser-Netz
Vorbilder für das Netzwerken lernten die Teilnehmenden in Aachen mehrfach kennen: So berichtete Edwin Büchter, geschäftsführender Gesellschafter der Clean-Lasersysteme GmbH aus Herzogenrath und Projektkoordinator vom Bündnis LASER.region.AACHEN, von den Chancen lokaler Partnerschaft, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert. Im Projekt KoLa (kombinierte Laserverfahren in der industriellen Fertigung) beispielsweise entwickeln Unternehmen und wissenschaftliche Partner zusammen neue Verfahrenskombinationen, um die Lasertechnik im elektrifizierten Antriebsstrang oder in der Wasserstoffindustrie zu etablieren.
KI-geregeltes Schneiden: Eine Sekunde pro Anoden-Kathoden-Paar
Bei einem anderen Netzwerk steht das Hypethema Künstliche Intelligenz (KI) im Mittelpunkt: Vier Industrieunternehmen und zwei Forschungsinstitute entwickeln seit 2021 im BMBF-Verbundprojekt DIPOOL zwei Demonstratoren für das Laserschneiden und das Laserschweißen. Eine zentrale Rolle übernimmt hier ein digitaler Prozess-Onlineoptimierer für intelligente Lasermaschinen, bei dem die Aachener erstmals die zeitliche und räumliche Programmier- und Kontrollierbarkeit von Laserwerkzeugen mit maschinellem Lernen (ML) kombinieren.
Beim Benchmark mit anderen ML-Verfahren schnitt ein Convolutional Neural Network (CNN) mit einer Genauigkeit von 98 Prozent am besten ab. Bewährt hat es sich laut Dr. Frank Schneider, Leiter der Gruppe Trennen am Fraunhofer ILT, bereits als prozesssichere Schnittsteuerung beim Hochgeschwindigkeitsschneiden mm-dünner Bipolarplatten aus Metall und Verbundwerkstoff. Damit ergeben sich für die Serienproduktion interessante Perspektiven. Schneider: „Bei geeigneter Gestaltung und Verteilung der Schneidvorgänge lässt sich die Bearbeitungszeit für ein geschweißtes Anoden-Kathoden-Paar auf eine Sekunde senken.“
Die Sensorik übernimmt im DIPOOL-Projekt eine wichtige Funktion: Die Precitec Optronik GmbH aus Neu-Isenburg hat eine Sensorik mit KI-Software und DIPOOL-Ansatz entwickelt und in einen Laserschneidkopf der neuesten Generation integriert, inklusive Datenschnittstelle. Erfahrungen aus derartigen Gemeinschaftsprojekten nutzt Precitec auch bei Weiterentwicklungen wie der neuen patentierten Enovasense-Sensortechnik, die nach dem Prinzip der Laser-Photo-Thermo-Radiometrie arbeitet. Das geschickte Zusammenspiel von Laser und Infrarotsensor erlaubt es, kontaktlos die Schichtdicke von Materialien unterschiedlichster Art exakt zu messen.
Einblicke in den Stand der aktuellen Forschungen des Fraunhofer ILT in Sachen Wasserstoffproduktion und Batterietechnik erhalten Interessierte auf dem LSE’24 – Laser Symposium Elektromobility vom 23. bis 24. Januar 2024 in Aachen.