Fehler beim Schweißen automatisch erkennen

Bei Produktionsprozessen Rohmaterial und Energie einzusparen, lautet die Devise der Zeit. So auch beim Schweißen. Künstliche Intelligenz (KI) kann bei dieser Aufgabe helfen – allerdings braucht man die entsprechenden Daten, um die Systeme anzulernen.

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Bild: Fraunhofer IPA

Bei Produktionsprozessen Rohmaterial und Energie einzusparen, lautet die Devise der Zeit. So auch beim Schweißen. Künstliche Intelligenz (KI) kann bei dieser Aufgabe helfen – allerdings braucht man die entsprechenden Daten, um die Systeme anzulernen. Daten, die viele Kunden nicht aus der Hand geben wollen. Föderiertes Lernen kann dieses Dilemma lösen: Für die Firma Lorch hat das Fraunhofer IPA ein entsprechendes KI-Konzept entwickelt.

Fachpersonal ist rar. Betriebe müssen daher vielfach auf unerfahrenes Personal zurückgreifen. Bedienfehler werden somit wahrscheinlicher – was den Ausschuss an fehlerhaft produzierten Produkten und damit auch den Material- und Energieverbrauch in die Höhe treibt. Zwar kann Künstliche Intelligenz solche Bedienfehler ebenso wie Fehler durch Verschleißprozesse frühzeitig erkennen und somit reduzieren. Doch sind KI-Systeme sehr datenhungrig, sie müssen schließlich erst einmal mit entsprechenden Daten trainiert werden. Hier tritt ein weiteres Problem zutage: Kunden, die beispielsweise Anlagen von einem Anlagenbauer verwenden, wollen diese Daten üblicherweise nicht herausgeben.

Föderiertes Lernen macht den Datenaustausch verzichtbar

Vor diesem Problem stand auch die Lorch Schweißtechnik GmbH – und holte daher das Fraunhofer IPA an Bord. Wie, so die Frage, lassen sich Anwenderfehler bei Schweißprozessen via KI zuverlässig erkennen, ohne dass die Kunden ihre sensiblen Schweißdaten aus der Hand geben müssen? Die Antwort des Fraunhofer IPA: Mit dem Ansatz des föderierten Lernens. »Das Besondere daran: Wir trainieren die Künstliche Intelligenz mit den Daten der Kunden, ohne dass die Daten das jeweilige Unternehmen verlassen«, sagt Can Kaymakci, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA. Der Clou liegt darin, dass jeder Kunde mit seinen Daten ein eigenes KI-Modell trainiert – ausgetauscht werden nicht die Daten, sondern lediglich die KI-Modelle. Diese werden zu einem einzigen, besser optimierten Gesamtmodell zusammengefasst.

Zunächst einmal galt es für die Forschenden des Fraunhofer IPA, ein geeignetes KI-Modell zur energetischen Anomalieerkennung auszuwählen – ein Modell also, das Anwenderfehler vor allem durch Energieverbrauchsdaten erkennt. Dafür erhoben sie im Labor von Lorch Daten rund um den zu beobachtenden Schweißprozess, den absichtlichen Einbau von »Anwenderfehlern« inklusive. Etwa 200 Schweißversuche führten sie durch. Viel, doch zu wenig, um eine Künstliche Intelligenz zu trainieren. »Wir haben die Daten daher vervielfältigt, aus den ursprünglich 200 Datensätzen wurden so 2200«, erläutert Kaymakci. Wie das funktioniert, lässt sich am besten am Beispiel von Fotos nachvollziehen: Man kann sie drehen, spiegeln, in Schwarz-Weiß umrechnen, den Zoom verändern – und auf diese Weise mehr Daten generieren. Zudem untersuchte das Team, wie viele Messungen pro Sekunde nötig sind, um Anwenderfehler zuverlässig zu erkennen. Das Ergebnis: Es reichen weniger Messpunkte als gedacht. »Auf diese Weise können wir die benötigte Speicherkapazität reduzieren, die Kommunikation vereinfachen und weniger Daten verarbeiten, was wiederum Zeit, Kosten und Energie spart«, fasst Kaymakci zusammen. Das erstellte Modell implementierten die Forschenden auf einer Schweißstromquelle des Unternehmens Lorch.

Fehler werden mit hoher Rate erkannt

Welchen Vorteil bringt das föderierte Lernen? Diese Frage beantworteten die Forschenden über ein eigens dafür erstelltes Simulationstool. Dabei analysierten sie drei Szenarien: Erstens eine Künstliche Intelligenz, die mit sämtlichen Kundendaten trainiert wurde – eine hypothetische Annahme, da diese Daten für den Schweißgerätehersteller nicht verfügbar sind. Zweitens die Modelle, die jeweils nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden. Und drittens das föderierte Lernen, bei denen die Modelle der Kunden zusammengeführt werden. »Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Erkennungsrate eines Modells, das über föderiertes Lernen trainiert wurde, liegt bei 0,81 und ist damit vergleichbar gut wie die eines Systems, für dessen Training alle Kundendaten zur Verfügung standen. Hier liegt die Erkennungsrate bei einem Wert von 0,86. Systeme dagegen, die nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden, erkennen Fehler nur mit einer Rate von 0,45«, bestätigt Kaymakci. Für den Schweißgerätehersteller Lorch heißt das: Er kann seinen Kunden in Zukunft über das KI-System einen Mehrwert bieten, ohne die Daten zentral bei Lorch speichern zu müssen. Für die Kunden wiederum bietet sich der Vorteil, Fehler schneller erkennen zu können und vom »Wissen« aller Kunden zu profitieren.

Selbstverständlich lässt sich das föderierte Lernen nicht nur für Schweißprozesse verwenden. Vielmehr eignet sich das System für jegliche Fragestellungen, in denen Künstliche Intelligenz einen Mehrwert bietet, die dafür benötigten Daten jedoch sensibel sind.

Kontakt:

www.ipa.fraunhofer.de