Einfach sicher abschalten

Hunderte Fräsmesser austauschen, ohne die Anlage stromlos zu schalten? Klingt nach Russisch Roulette für die Bediener. Die Sicherheitsfunktion „Safe Torque Off“, die bei Stromrichtern von ABB standardmäßig eingebaut ist, macht dies möglich.

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Bei der Wartung der Fräse muss sichergestellt sein, dass diese nicht unerwartet anläuft. (Bildnachweis: Schwermetall Halbzeugwerk)

Wo gefräst wird, fliegen Späne. Menschen halten sich von den schnell rotierenden scharfen Fräsmessern besser fern, besonders wenn tonnenschwere Bänder aus Kupfer oder Kupferlegierungen zu bearbeiten sind wie in der Schwermetall Halbzeugwerk GmbH & Co. KG, Stolberg. Bis zu 170 m lang, 10 bis 19 mm dick und bis zu 1,3 m breit können die Bänder sein, auf denen sich während des Warmwalzens bei Temperaturen von 700 bis 900 °C eine raue und unansehnliche Oxidschicht ausbildet.

Diese „Zunderschicht“ zu beseitigen, damit die Bänder beim Kaltwalzen ihre glatte, spiegelnde Oberfläche erhalten, ist Aufgabe von Fräswalzen. Sie tragen auf Ober- und Unterseite der Bänder je etwa einen halben Millimeter des störenden Materials ab, wobei die etwa 200 auf ihnen montierten Fräsmesser mit der Zeit ihre Schärfe verlieren.

Damit die Bediener bei der dann fälligen Wartung die messerbestückten Fräswalzen gefahrlos wechseln können, müssen zuvor die Motoren zuverlässig stillgesetzt werden. Das radikalste Vorgehen – die Stromeinspeisung komplett zu unterbrechen – hat Nachteile, muss doch jedes Mal ein Elektriker an die Anlage gerufen werden, um den Eingriff am wuchtigen Einspeise-Leistungsschalter vorzunehmen.

„Das ist jedoch nur sinnvoll, wenn elektrische Arbeiten an der Anlage nötig sind“, sagt Marcus Wätzmann, Leiter des technischen Büros bei Schwermetall. „An der Fräslinie sind aber Messerwechsel aufgrund ihrer bekannten Standzeiten mindestens einmal am Tag nötig.“

Schwermetall Halbzeugwerk zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Vorwalzbändern aus Kupfer und Kupferlegierungen. (Bildnachweis: Schwermetall Halbzeugwerk)
Motor-Drehmoment sicher abschalten

Für so einen geplanten mechanischen Eingriff braucht die Anlage nicht stromlos zu sein, doch muss gewährleistet sein, dass die Fräse nicht unerwartet anläuft. Das Kunststück vollbringt die Sicherheitsfunktion „Safe Torque Off“, kurz STO, die bei Stromrichtern von ABB standardmäßig eingebaut ist – ein Alleinstellungsmerkmal in dieser Geräteklasse.

In Stolberg haben sowohl die Ober- als auch die Unterfräse mit ihren 550-kW-Gleichstromantrieben auf diese Weise allein mit dem Austausch der bisherigen Stromrichter durch DCS880-Modelle das geforderte Sicherheitslevel erreicht, bei dem die Zuverlässigkeit der Sicherheitsfunktion auch dann gewährleistet ist, wenn ein Fehler in der Anlage auftritt.

Während zum sicheren Abschalten des Motor-Drehmoments bisher zwei Schalter in Reihe nötig waren, bringen die ABB-Stromrichter diese Zweikanaligkeit bereits fest eingebaut mit und erreichen mit dieser STO-Funktion das maximale Performance Level PL e bzw. Safety Integrity Level SIL 3. „Wir haben nun weniger Aufwand, um dasselbe Sicherheitslevel wie zuvor zu erreichen“, freut sich Wätzmann. „Nun genügt ein Druck auf den Stillsetztaster um sicherzustellen, dass man mechanisch an den Antrieben arbeiten darf.“

Bei der Modernisierung der Stromrichter, die der ABB von der Aktualisierung der elektrischen Schaltpläne über die elektrische Demontage, Montage und Inbetriebnahme komplett übertragen waren, konnte so der aufwendig zu bedienende und wartende elektrische Leistungsschalter durch ein einfaches und wartungsfreies Schütz ersetzt werden.

Die DCS880 Stromrichter von ABB verfügen standardmäßig über die Funktion „Sicher abgeschaltetes Drehmoment“ (STO). (Bildnachweis: ABB)
Maßgeschneiderte Lösung beschleunigt Umbau

Die Modernisierung der fast rund um die Uhr laufenden Fräslinie Ende 2019 hat nicht nur den Betriebsablauf deutlich erleichtert, sondern erforderte auch nur geringen Aufwand, so dass sie sich innerhalb des alljährlich zu Weihnachten eingeplanten Stillstands problemlos erledigen ließ.

Grundlage für die leichte Anpassbarkeit ist, dass ABB vorgefertigte mechanische Lösungen für den Umbau bereithält. Mit dem Bausatz auf Basis von Standardprodukten mit hohem Sicherheitsniveau ließ sich das Stromrichterschranksystem problemlos und rasch umbauen, obwohl Stromschienen sowie mechanische Adapter, dazu die Größe und Ausrichtung der Stromschienenanschlüsse, der Berührungsschutz, Plexiglasplatten etc. anzupassen waren. ABB übernimmt auf Wunsch das komplette Engineering einschließlich der Planung eines solchen Umbaus, um alle gewünschten Funktionen nach Kundenwunsch zu realisieren.

Zuvor waren an den Fräsmaschinen im Schwermetall Halbzeugwerk ältere ABB-Stromrichter verbaut, die seit Jahren nicht mehr hergestellt werden. „Obwohl wir zum ersten Mal das Modell DCS880 bei uns eingesetzt haben, war die Modernisierung für uns ein überschaubares Projekt, das nur ein Mitarbeiter von uns begleiten musste“, erinnert sich Marcus Wätzmann. „Die Zusammenarbeit mit ABB verlief sehr gut. Sowohl Projektleitung als auch Abwicklung, Planung und Planüberarbeitung haben sehr gut funktioniert und es gab keine Beanstandungen.“

Der Leiter des technischen Büros in Stolberg drückt auch seine Wertschätzung dafür aus, dass ABB die Entwicklung der Stromrichter für die bei vielen Anwendungen in der Schwerindustrie bewährten und weiterhin genutzten Gleichstrommotoren nach wie vor vorantreibt. „Da ist ABB in den vergangenen Jahren sicher innovativer gewesen als andere Stromrichterhersteller“, urteilt Wätzmann.

Kein Wunder also, dass Schwermetall inzwischen die Entscheidung getroffen hat, auch sechs Stromrichter an einer anderen Stelle der Anlage mit Geräten des Typs DCS880 von ABB zu modernisieren.

Kontakt:

new.abb.com