„Den Menschen in den Mittelpunkt stellen“

Mitte November fand die siebte Netzwerk-Veranstaltung von Tebis Consulting statt. Das Thema: „Fachkräfte, Generation Z, Arbeitsmodelle: New Work im Werkzeug-, Formen- und Modellbau“

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„Über die eigene Lebenszeit verfügen zu können, ist mir sehr wichtig. Natürlich bin ich bereit, Überstunden zu machen, wenn etwas dringend ist, aber dafür möchte ich auch die Freiheit haben, an anderen Tagen früher nach Hause zu gehen, um beispielsweise das schöne Wetter für einen Ausflug zu nutzen.“ – Manuel Obergfell, Facharbeiter Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau (Bildnachweis: Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau)

Das Thema „Fachkräftemangel“ ist omnipräsent. Kein Wunder: Branchenübergreifend sind mehr als eine Million Stellen unbesetzt. Vor allem im Handwerk, im Bereich Ausbildung, in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen fehlen passende Bewerber. Den Werkzeug-, Modell- und Formenbau trifft der Mangel deshalb besonders hart: Für eine Ausbildung als Werkzeugmacher entscheiden sich kaum noch junge Menschen.

Die von Tebis Consulting organisierte Netzwerk-Veranstaltung „Zukunft im Visier“ nahm am 15. November genau diese Problematik in den Blick, die Referenten diskutierten Hintergründe und Lösungsansätze. Etwa 70 Teilnehmer nahmen an diesem Termin teil und diskutierten anschließend in Breakout Rooms mit.

57 % der Befragten bewerten den aktuellen Fachkräftemangel hinsichtlich der Zukunft ihres Unternehmens als sehr kritisch.
(Bildnachweis: Tebis Consulting)

Die inzwischen siebte Veranstaltung lief unter dem Motto „Fachkräfte, Generation Z, Arbeitsmodelle: New Work im Werkzeug-, Modell- und Formenbau“. Während der zweistündigen Abendveranstaltung vermittelten der Vortrag von Britta Strunz, Geschäftsführerin Krause Präzisions-Kokillenguss, und die anschließende Podiumsdiskussion mit Dennis Pieper, Geschäftsführer Brinkmann Formenbau, und Manuel Obergfell, Facharbeiter bei Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau, was vor allem die junge Generation an Arbeitnehmern sich wünscht und durch welche Maßnahmen Unternehmen für potenzielle Bewerber attraktiver werden können.

Mensch sein erlaubt: Die Mitarbeiter stehen im Unternehmen im Mittelpunkt

Im Impulsvortrag sprach Britta Strunz zunächst über die Bedeutung eines gesunden Arbeitsklimas und wie sich ihr Unternehmen dahingehend verändert hat. Die 1977 gegründete Firma war lange Zeit ein „Selbstläufer“, wie es Strunz nennt. Als sie selbst 2010 in die Geschäftsführung eintrat, waren bei Krause die Auswirkungen der Finanzkrise spürbar und auch andere Probleme der sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sorgten für schwierige Zeiten.

„Das Wichtigste ist, dass die Führungskräfte stets offene Ohren und Arme haben und bereit sind, die Bedürfnisse der Mitarbeiter auch anzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei sollte man sich stets fragen: Wie würde ich selbst von meiner Führungskraft behandelt werden wollen? – „Britta Strunz, Geschäftsführerin Krause Präzisions-Kokillenguss (Bildnachweis: Krause Präzisions-Kokillenguss)

In der Konsequenz nahm Strunz eine Reihe von Veränderungen und Umstrukturierungen vor. Das Motto dabei: „Mensch sein erlaubt“. Im Rahmen der Initiative „lebenswert“ wurde deshalb ein betriebliches Gesundheitsmanagement mit eigenem Magazin eingeführt. Kostenloses Obst, Müsli oder Wasser, gemeinschaftliche Aktivitäten und zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten bereichern außerdem den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden.

„Es geht einfach darum, den Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun – und das ist auch nicht zwangsläufig mit großen Investitionen verbunden“, so Strunz. Denn dass die Belegschaft sich im Unternehmen wohlfühlt, ist angesichts der sich verändernden Bedingungen am Arbeitsmarkt entscheidend, um Fachkräfte zu gewinnen – und auch im Unternehmen zu halten.

Laut Strunz ist es dabei jedoch nicht unbedingt zielführend, bestimmte Benefits anhand einer Liste abzuarbeiten, es gehe vielmehr um die innere Einstellung: „Das Wichtigste ist, dass die Führungskräfte stets offene Ohren und Arme haben und bereit sind, sich der Bedürfnisse der Mitarbeiter anzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei sollte man sich stets fragen: Wie würde ich selbst von meiner Führungskraft behandelt werden wollen?“, erklärt die Unternehmerin und ergänzt: „Wer eine positive Einstellung zum Betrieb und den Mitarbeitenden hat, strahlt das auch aus und zieht dadurch die passenden Menschen an!“

Eine moderne Arbeitswelt: Flexibilität steht im Mittelpunkt

„Flexible Arbeitszeiten, 4-Tage-Woche, Vereinbarkeit von Beruf und Familie – all das ist grundsätzlich möglich. Für ein Unternehmen bedeutet die Umsetzung lediglich einen Mehraufwand an Organisation und diesen kann man stemmen, wenn man nur möchte.“ – Dennis Pieper, Geschäftsführer Brinkmann Formenbau
(Bildnachweis: Brinkmann Formenbau)

Als junger Geschäftsführer kennt Dennis Pieper sowohl die Bedürfnisse der Arbeitnehmer der sogenannten Generationen X und Z als auch die der Unternehmen. „Unsere Südoldenburger Region Lohne ist ein Ballungszentrum der Kunststoffverarbeitung, deswegen sind Fachkräfte stark umworben“, sagt der Geschäftsführer. Hinzu kommen die Denkweisen der jüngeren Generation – deren Fokus stark auf Teamwork und Selbstverwirklichung liegt. Begegnen sollte man dem laut Pieper mit Offenheit gegenüber Veränderungsprozessen.

Bei Brinkmann Formenbau herrscht deshalb der Anspruch, möglichst individuell auf Mitarbeitende einzugehen – ohne dass die Prozesse dadurch beeinträchtigt werden. „Möglich ist sehr viel: Im Endeffekt bedeutet es nur einen Mehraufwand an Organisation und den kann man stemmen“, erläutert Pieper.

So wird im Unternehmen beispielsweise das Thema Flexibilität großgeschrieben: Einerseits werden die Intervalle zwischen einem geringeren und hohen Auftragsvolumen immer kürzer und die damit einhergehende Mehrbelastung für die Mitarbeitenden dadurch größer, „dafür geben wir aber auch wieder etwas zurück und ermöglichen es, Beruf und Familie bestmöglich miteinander zu vereinbaren, wenn beispielsweise Kinder in die Schule gebracht oder Angehörige versorgt werden müssen. Einige Mitarbeiter haben auch schon in eine 4-Tage-Woche gewechselt“, führt Pieper aus.

Möglich ist das durch eine gezielte Optimierung von Prozessen, sodass anfallende Tätigkeiten effizient abgewickelt werden und den Mitarbeitenden dadurch mehr Freiraum zur Verfügung gestellt werden kann.

Dass genau diese Flexibilität einen zentralen Wert für die jüngere Generation darstellt, bestätigt auch der 21-jährige Werkzeugmechaniker-Geselle Manuel Obergfell: „Über die eigene Lebenszeit verfügen zu können, ist mir sehr wichtig. Natürlich bin ich bereit, Überstunden zu machen, wenn etwas dringend ist, aber dafür möchte ich auch die Freiheit haben, an anderen Tagen früher nach Hause zu gehen, um beispielsweise das schöne Wetter für einen Ausflug zu nutzen.“

Selbstverwirklichung und lebenslanges Lernen als zentrale Werte

„Über die eigene Lebenszeit verfügen zu können, ist mir sehr wichtig. Natürlich bin ich bereit, Überstunden zu machen, wenn etwas dringend ist, aber dafür möchte ich auch die Freiheit haben, an anderen Tagen früher nach Hause zu gehen, um beispielsweise das schöne Wetter für einen Ausflug zu nutzen.“ – Manuel Obergfell, Facharbeiter Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau (Bildnachweis: Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau)

Zu bemerken ist auch, dass der Fachkräftemangel kleine und mittelständische Unternehmen härter trifft als Konzerne: Das Marketingbudget ist geringer, entsprechend auch die Bekanntheit. „Doch kleinere Unternehmen sind viel eher in der Lage, durch flexible Modelle und Zwischenmenschliches zu punkten – das kann ein entscheidender Vorteil sein“, erklärt Strunz dazu.

Wenn Obergfell an seine Schulzeit denkt, ist sein Appell, junge Menschen dort gezielt anzusprechen und abzuholen: Regionale Ausbildungsmessen und Veranstaltungen sind eine gute Möglichkeit, das eigene Unternehmen bekannt zu machen, durch Praktika wiederum können angehende Azubis das Arbeitsklima kennenlernen.

Besonders wichtig ist dabei auch: „Zu meiner Zeit hieß es von allen Seiten ‚studieren, studieren, studieren‘ und dieses Mantra hält viele davon ab, den Weg einer handwerklichen Ausbildung einzuschlagen. Jungen Menschen muss deshalb kommuniziert werden, dass eine Ausbildung keine Sackgasse ist, sondern dass das lebenslange Lernen immer weitergeht – wer studieren will, kann das später genauso gut“, erklärt Obergfell.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, Entwicklungsmöglichkeiten für Berufseinsteiger zu schaffen: durch eigene Verantwortungsbereiche und Projekte. Dazu Obergfell: „Uns fehlt die Erfahrung, deswegen kann es natürlich passieren, dass manchmal etwas nicht so gut klappt. Nichtsdestotrotz bringt meine Generation viele frische Ideen mit – und damit aus diesen Leuten kompetente, kreative und motivierte Mitarbeiter werden, muss man ihnen eigene Erfahrungen auch zugestehen. Denn nur, wer sich selbst verwirklicht, kann seine Arbeit auch mit dem nötigen Herzblut angehen!“

„Die ältere Generation ist es gewohnt, Aufgaben strikt abzuarbeiten, während die jüngere mehr entscheiden und mitbestimmen möchte. Von beiden Seiten braucht es Verständnis füreinander – denn von der Transformation der Arbeitswelt profitieren am Ende beide Seiten.“ – Jens Lüdtke, Leiter Tebis Consulting (Bildnachweis: Tebis Consulting)

Das kostenlose Veranstaltungsformat „Zukunft im Visier“ von Tebis Consulting hat es sich zum Ziel gesetzt, aktuelle Trends und Problemstellungen, die für den Werkzeug-, Modell- und Formenbau im deutschsprachigen Raum von besonderer Bedeutung sind, zu beleuchten.
„Wir möchten mit diesem Veranstaltungsformat dazu beitragen, die Werkzeug-, Modell- und Formenbau-Branche zu stärken“, so Tebis-Consulting-Leiter Jens Lüdtke.

Kontakt:

www.tebis.com